Eine betriebliche Übung (auch Betriebsübung) liegt vor, wenn der Arbeitgeber regelmäßig ein bestimmtes Verhalten wiederholt und der Arbeitnehmer daraus schließen kann, dass ihm diese wiederholt gewährte Leistung oder Vergünstigung auf Dauer zukommen soll.
Es handelt sich damit um eine Art Gewohnheitsrecht, das in der Rechtsprechung anerkannt, jedoch im Gesetz nicht ausdrücklich definiert ist.
Aus betrieblicher Übung können Ansprüche erwachsen, die in keinem Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Gesetz geregelt sind und zwar allein deshalb, weil der Arbeitnehmer aufgrund wiederholter Leistungen des Arbeitgebers darauf vertrauen kann, dass diese auch zukünftig gewährt werden.
Eine betriebliche Übung kann jedoch nur bei gleichförmigen Verhalten bzw. gleichartigen Leistungen bestehen. Zahlt der Arbeitgeber einmal ein Weihnachtsgeld, im anderen Jahr Urlaubsgeld und im dritten Jahr eine Bonus-Leistung wegen guter Umsätze, entsteht keine betriebliche Übung.
Ein besonders gutes Beispiel für eine betriebliche Übung ist das jährlich bezahlte Weihnachtsgeld -näheres hier- oder Urlaubsgeld -näheres hier-.
Beachte: |
Der Umstand, dass der Arbeitnehmer über Jahre hinweg zu bestimmten Zeiten arbeitet oder auf einen bestimmten Arbeitsplatz eingesetzt wird, führt jedoch zu keinem Anspruch wegen betrieblicher Übung. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber die Einsatzzeiten und den Arbeitsplatz eigenmächtig im Rahmen seines Direktionsrechts auch nach Jahren wieder ändern.
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Ein Anspruch entsteht, wenn der Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben, der Verkehrssitte und den Begleitumständen auf einen Bindungswillen des Arbeitsgebers schließen durfte.
Ab welcher Anzahl von Leistungen Arbeitnehmer Anspruch auf Fortgewährung dieser Leistung haben ist gesetzlich nicht geregelt und es gibt hierfür keine allgemein verbindliche Regel. Es kommt auf den Einzelfall an. Allerdings können Sie davon ausgehen, dass eine
dreimalige Zahlung ausreichend ist,
sofern es sich um jährlich zu zahlende Gratifikationen (Weihnachtsgratifikation bzw. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld u.a.) handelt.
Bei anderen Leistungen muss überprüft werden, ob im Hinblick auf die Art, Dauer und Intensität der Leistung ein Vertrauenstatbestand auf Fortgewährung der Leistung entstanden ist.
Es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitgeber sich dazu verpflichten wollte, diese Leistung auch zukünftig zu erbringen. Maßgebend ist vielmehr, ob der Arbeitnehmer aus den wiederholten Leistungen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie allen Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durfte.
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Auf die subjektiven Vorstellungen des Arbeitgebers kommt es nicht an. Entscheidend ist allein die Sicht des Arbeitnehmers – ob dieser die bisherigen Leistungen dahingehend verstehen durfte, dass sie auch in Zukunft gewährt werden.
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Tipp! |
Im Regelfall können Sie von folgendem ausgehen: Gewährt der Arbeitgeber ohne Vorbehalt, ohne Unterbrechung drei Jahre lang Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld, dann hat der Arbeitnehmer auch in den Folgejahren Anspruch auf diese Leistung. |
Ja, wenn die Leistung unter Freiwilligkeitsvorbehalt erbracht wird.
Allerdings muss der Arbeitgeber eindeutig und zweifelsfrei deutlich machen, dass die Leistung freiwillig und ohne Rechtsbindungswillen für die Zukunft geleistet wird. Der bloße Zusatz oder Hinweis, dass die Leistung „freiwillig“ erbracht wird, genügt hierfür ebenso wenig, wie die Bezeichnung als „einmaliger Zuschuss“.
Will der Arbeitgeber tatsächlich verhindern, dass ein Anspruch aus betrieblicher Übung entsteht, muss er eindeutige Klauseln verwenden, wie beispielsweise dass die Zahlung „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Anspruch für die Zukunft“ erfolgt.
Der Freiwilligkeitsvorbehalt muss klar und unmissverständlich sein.
Hat der Arbeitgeber ohne ausreichenden Freiwilligkeitsvorbehalt wiederholt Leistungen erbracht und ist hieraus eine betriebliche Übung entstanden, kommt er hiervon einseitig nicht mehr los. Vielmehr bedarf es einer einvernehmlichen Regelung. Eine solche setzt jedoch das Einverständnis des Arbeitnehmers voraus.
Allenfalls hat der Arbeitgeber noch die Möglichkeit, sich durch eine Änderungskündigung -näheres hier- von der betrieblichen Übung zu lösen. Eine Änderungskündigung mit dem Ziel den Anspruch aus betrieblicher Übung auf Zahlung von Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld zu beseitigen ist aber regelmäßig unwirksam.
Allein der Vortrag des Arbeitgebers, er habe nicht die finanziellen Mittel für solche Zahlungen genügt nicht. Er muss vielmehr nachweisen, dass durch die Zahlung solcher Leistungen betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstehen, die zwangsläufig in absehbarer Zeit zu einer Reduzierung der Belegschaft oder gar zur Schließung des gesamten Betriebs führen würden.
Die betriebliche Übung kann folglich durch den Arbeitgeber auch nicht widerrufen werden. Etwas anderes könnte nur bei einem entsprechenden Widerrufsvorbehalt gelten, den der Arbeitgeber jedoch unmissverständlich erklären muss. Selbst dann kann er jedoch nicht ohne Grund widerrufen.
Hatte der Arbeitgeber die rechtlichen Folgen seines Tuns nicht bedacht, berechtigt ihn dies nicht zur Anfechtung.
Ist ein Anspruch aus betrieblicher Übung entstanden, kann dieser vom Arbeitgeber nicht dadurch zunichte gemacht werden, dass er die Zahlungen in den Folgejahren einschränkt oder unter Vorbehalt leistet.
Bezahlt der Arbeitgeber vorbehaltlos über drei Jahre hinweg Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld, hat der Arbeitgeber einen Anspruch darauf, dass diese Zahlungen weiter erfolgen. Auch wenn der Arbeitgeber in der Folgezeit darauf hinweist, dass es sich hierbei um eine freiwillige Zahlung ohne Rechtsbindungswillen handelt, nützt ihm dies nichts mehr und zwar auch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer hiergegen nicht widerspricht. Es gilt der Grundsatz: Schweigen ist keine Zustimmung.
Eine einmal entstandene betriebliche Übung kann folglich nicht mehr durch eine andere gegenläufige betriebliche Übung beseitigt werden.
Bezahlt der Arbeitgeber kein Weihnachtsgeld bzw. Weihnachtsgratifikation, kein Urlaubsgeld oder erbringt er eine sonstige Leistung nicht, auf die wegen betrieblicher Übung ein Anspruch besteht, kann der Arbeitnehmer auf diese Leistung klagen und zwar auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Allerdings müssen die dreijährige Verjährungsfrist oder eventuelle Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag beachtet werden.
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